Viel zu früh und für alle unerwartet ist Uwe Treeß, Gründungsmitglied und langjähriger erster Vorsitzender des Vereins „Psychomotorische Entwicklung, soziale Integration u. Rehabilitation e.V., Hamburg“ (PESIR e.V.) von uns gegangen.
Er war ein Urgestein eines PsychoMotorik--Konzeptes, das für eine neue, kooperativ-integrative Bewegungskultur steht. Sein Motto: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" lebte er. Früh erkannte er die nachhaltige Bedeutung von Spiel und Bewegung für die kindliche Entwicklung und versuchte erfolgreich, dies praxisnah und nachhaltig in der Hamburger Bildungs- und Bewegungslandschaft zu etablieren. Schon 1980, lange bevor es eine UN-Konvention zu den Rechten von Behinderten gab, schrieb er gemeinsam mit A. Brinckmann das Buch „Bewegungsspiele". Es ist ein Grundlagenwerk, in dem es ihm darum ging, praktische Anregungen zu geben, wie man vom traditionellen Konkurrenzgedanken als spielbestimmendes Element wegkommt, hin zu Zusammenspiel, Sensibilität, Bewusstheit, Toleranz und Kritikfähigkeit.
Uwe selbst war Sonderpädagoge und Sportlehrer. Sein Sportunterricht war getragen von Sport- und Spielanqeboten, deren Regelwerk sich an den individuellen Kompetenzen der Lerngruppe orientierte und nicht an starr vorgegebenen Normen und Regeln. Die Regeln passen sich der Gruppe an und nicht die Gruppe den Regeln! Alles dies sind Grundvoraussetzungen für ein gelungenes, inklusives Miteinander.
Im Austausch und angeregt durch Ernst J. (Jonny) Kiphard hat er gemeinsam mit Helga Treeß und Manfred Möller seinen Anspruch an ein Psychomotorik-Konzept in Bezug auf „Soziale Kommunikation und Integration“, Band 7 in der Reihe Psychomotorische Entwicklungsförderung (Verlag modernes Lernen 1990) formuliert.
Aus seinen Erfahrungen und tiefgehender theoretischer Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex ist es ihm gelungen, ein erfolgreiches Weiterbildungsangebot für die pädagogischen Mitarbeiter der Integrationsstandorte in Hamburg zu entwickeln und umzusetzen. Am Beratungszentrum Integration (BZI) des Landesinstituts für Lehrerbildung haben Teilnehmer von 10 Jahrgängen von diesem Angebot profitiert und tun dieses heute noch. Was aktuell ein Postulat der inklusiven Pädagogik ist, war für ihn schon immer selbstverständlich.
Uwe war ein Vordenker, der sich Institutionen suchte, die in seinem Sinne agierten. Wenn es diese nicht gab, wurde er selber zu einer. So entstand auch der Verein PESIR e.V. Hamburg. Uwe war fest überzeugt davon, dass es eine enge Verzahnung zwischen theoretischer Ausbildung und praktischer Umsetzung geben müsste.
Wer eine psychomotorische Fortbildung machte, sollte das Gelernte direkt anwenden und reflektieren können. Er sollte Mitstreiter im Stadtteil haben, die sich gegenseitig unterstützen können. Es sollte ein Netzwerk von psychomotorischen Angeboten in Hamburg geben. Der psychomotorische Ansatz und seine Grundprinzipien sollte Einzug halten, in jede Institution, die sich mit Kindern und ihrer Entwicklung befasst.
Der Geradlinigkeit und Klarheit seiner Forderungen und der konsequenten Umsetzung folgten viele der von ihm „infizierten“ und unterstützten Menschen, sahen in ihm einen Mentor und Förderer, einen Kompass für die Richtung in die sich das PsychoMotorik- Konzept weiter entwickeln muss.
Viele seiner Ansprüche und Ziele hat er mit seinen Mitstreitern erreicht. Für einige war er seiner Zeit zu weit voraus.
Kirsten Steen und Manfred Möller
März 2017
http://www.ndr.de/info/sendungen/die_reportage/sendung342900.html.
Dieser Beitrag ist spannend für alle, die sich um Integration durch Bildung kümmen oder die es interessiert. Es handelt sich um Text und Bild einer Reportage. Die Reportage auf N3 wird am 11. 4. 2015 um 6.30 und um 17.30 gesendet.
Im Mittelpunkt steht ein Stipendium für Kinder und ihre Eltern.
"Das missverständliche Fachwort „Inklusion“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Einschluss“. Mit dem Einschluss von Menschen in Gefängnissen, Psychiatrien, Behindertenanstalten oder Gemeinschaftsunterkünften hat dieser Begriff aber nichts zu tun. Ganz im Gegenteil: Das Fachwort für Einsperren und Abschieben von Menschen in Sondereinrichtungen ist nämlich „Exklusion“. Es meint den Ausschluss von einer Gemeinschaft. Das Fachwort „Inklusion“ bezeichnet dagegen das Einbeziehen möglichst aller in eine Gemeinschaft." (Zimpel, 26. August 2013)
Den vollständigen Vortrag gibt es hier zum Download.